CSM Alumni, MBA Sustainability Management

Stefanie Buchacher: Geschichten mit Substanz

MBA Sustainability Management Alumna Stefanie Buchacher

Emotionen, Bindung, Austausch – wie Geschichten wirken und für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation eingesetzt werden können, ist das Spezialgebiet von MBA-Alumna Stefanie Buchacher. Sie treibt den Wandel in der Modebranche als Selbstständige und angestellte CSR-Managerin voran. Im Interview zeigt sie, dass es bei „Storytelling for Sustainability“ nicht um „nette Geschichtchen“ geht und wie man Menschen für Nachhaltigkeit gewinnt.

In Ihrer Masterarbeit haben Sie sich mit „Storytelling for Sustainability“ als ein Instrument für eine effektive Unternehmenskommunikation in der Bekleidungsbranche auseinandergesetzt. Was steckt dahinter?

Wir lieben Geschichten: Gute-Nacht-Geschichten, Liebesgeschichten, Science Fiction. Über die Handlung können wir mit der Protagonistin miterleben und mitempfinden. Durch das Verknüpfen der eigenen Erfahrungen mit denen der Protagonistin entsteht eine Wirkung. Konflikte, Rückschläge und Fortschritte tragen zu dieser Wirkung bei und dabei braucht es nicht zwingend ein Happy End. Storytelling ist der strategische Einsatz von Geschichten und beim “Storytelling for Sustainability” geht es darum, mithilfe einer emotionalen Bindung zwischen Unternehmen und Stakeholder das unternehmerische Nachhaltigkeitsengagement wirksam zu kommunizieren und durch Partizipation einen Wandel Richtung Nachhaltigkeit zu fördern.

Was sind die Potentiale und Grenzen von „Storytelling for Sustainability“?

Trotz einer Vereinfachung lassen sich tiefgreifende Informationen transportieren, durch Emotion entstehen Bindung und Identifikation, starker Austausch und Partizipation.

Narrative Ansätze machen es möglich, mit der Komplexität von Nachhaltigkeitsthemen problemlösungsorientiert umzugehen und ausschnitthaft zu beleuchten, sodass sich die Zusammenhänge den Rezipienten induktiv erschließen. Trotz einer Vereinfachung lassen sich tiefgreifende Informationen transportieren, durch Emotion entstehen Bindung und Identifikation, starker Austausch und Partizipation. Die Grenzen von “Storytelling for Sustainability” lassen sich nicht absolut definieren, ohne direkt Risiken aufzuzeigen: Rhetorische Ausschmückungen sind in Ordnung, Geschichten brauchen jedoch Substanz, einen wahren Ursprung und müssen zum Kern des Geschäftsmodells passen – sonst entsteht Greenwashing.

Wie setzen Sie „Storytelling“ in Ihrem beruflichen Alltag ein?

(Nachhaltigkeits-)Geschichten sind Köder und ermöglichen es, Lösungen zu komplexen Herausforderungen vor allem emotional spürbar darzubieten – und Menschen zum Handeln zu motivieren. Die Alternative ist, ein Horrorszenario zu formulieren, von dem sich höchstwahrscheinlich viele Menschen einschüchtern lassen und darauf passiv und handlungsunfähig reagieren. Geschichten sind entscheidend dafür, ob wir von Innovationen oder nachhaltigen Produkten und Unternehmen, die wir für eine lebenswerte Zukunft brauchen, erfahren und gemeinsam die Welt positiv verändern wollen – oder ob wir sie ungehört verstreichen lassen. Beruflich beschäftige ich mich stark mit dem Thema Konsum bzw. bewusster Konsum. Viele heutige Herausforderungen ließen sich (schneller) lösen, wenn wir weniger konsumieren würden. Aber wir sind es gewohnt, zu konsumieren. Deswegen versuche ich in meinem beruflichen Alltag, bewussten Konsum und Bewusstsein über unsere eigenen Handlungen zu fördern.

Was sind Ihrer Ansicht nach aktuell die größten ökologischen und sozialen Herausforderungen in der Bekleidungsindustrie?

Als Industrienation sind wir von Wachstum, Wohlstand und Konsum getrieben, was auch in gewisser Weise Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Ländern mit sich bringt. Entlang der textilen Wertschöpfungskette gibt zahlreiche ökologische und soziale Probleme – z. B. angefangen von Anbau der natürlichen Rohstoffe bis hin zur Entstehung von Mikroplastik bei der Nutzung und Entsorgung bis Verstöße gegen Arbeitsrechte, Ausbeutung und mangelnder Arbeits- und Gesundheitsschutz. Auch verursacht die Bekleidungsindustrie weltweit einen enormen Beitrag an CO2-Emissionen. In der Textilbranche gibt es Unternehmen, die nachhaltiger wirtschaften und nachhaltigen Wandel vorantreiben. Diesen Unternehmen müssen wir Gehör verschaffen. Abgesehen davon konsumiert jede*r von uns und hat es in der Hand, eine nachhaltige Lösungen zu fördern.

Für welche Nachhaltigkeitsherausforderung haben Sie schon eine Lösung entwickelt?

Brands, Start-Ups und Unternehmen, die die Welt verbessern möchten und können, brauchen mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit. Mit Kommunikation lassen sich Massen erreichen, inspirieren und bewegen – sowohl mit guter wie mit schlechter Kommunikation. Storytelling ist dabei ein Werkzeug, das sich für Gutes ebenso wie für weniger Gutes einsetzen lässt. Mir geht es darum, mich mit wirkungsvollen Geschichten für das Richtige einzusetzen. Es geht jedoch, wie bereits angesprochen, nicht um Greenwashing und darum, mit ein paar netten Geschichtchen z.B. schlechte Produktionsbedingungen zu überspielen. Als Herausforderung sehe ich dabei das Attitude-Behavior-Gap: Viele Konsument*innen geben an, nachhaltiger leben zu wollen und trotzdem kaufen sie entgegen ihrer Überzeugung billig produzierte Kleidung, Obst und Gemüse, das um die halbe Welt transportiert wurde oder billiges Fleisch und wir konsumieren oft Dinge, die wir gar nicht brauchen.

Über welche Nachhaltigkeitsherausforderungen sollten wir mehr reden?

So schwerwiegend und teilweise tragisch die Corona-Pandemie uns im letzten Jahr aus dem Alltag gerissen, die Wirtschaft teilweise zum Stillstand gebracht und einen hohen Tribut mit teilweise noch nicht absehbaren Auswirkungen gefordert hat, so deutlich und schmerzhaft haben sich Missstände und soziale Ungerechtigkeiten aufgezeigt. Darüber sollten wir stärker reden – aber vor allem handeln. An dieser Stelle möchte ich nur drei Beispiele nennen: Extreme Missstände bedingt durch Massentierhaltung und -schlachtung, globale und intransparente Lieferketten und extreme Armut und schlechte medizinische Versorgung in den Ländern des Globalen Südens.

Sie haben mit Purpose&Friends selbständig gemacht – welche Rolle hat der MBA Sustainability Management dabei gespielt?

Neben einem breiten Know-How und Fachexpertise in Nachhaltigkeits-, Gesellschafts- und Umweltthemen habe ich vor allem unternehmerisches Denken, Weitsicht und durch die überfachlichen Module meine persönlichen Kompetenzen weiterentwickelt. Mit dem Studium habe ich meinem persönlichen Interesse ein wissenschaftliches Fundament gegeben.

Mit dem Studium habe ich meinem persönlichen Interesse ein wissenschaftliches Fundament gegeben.

Ursprünglich wollte ich einen kompletten Change erzwingen: neue Branche, neues Thema. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich in meiner Branche – der Textilbranche – mit meinem Wissen dazu beitragen kann, diese mitzuverändern. Seit Mitte 2019 arbeite ich als Freiberuflerin – unter dem Namen Purpose&Friends – und unterstütze Start-Ups und etablierte Unternehmen in den Bereichen CSR-Reporting, PR und Kommunikation.

Sie sind selbstständig und zugleich angestellt als CSR-Managerin bei Sport Conrad – welche Aufgaben haben Sie im Unternehmen und wie treiben Sie nachhaltige Entwicklung voran?

Seit Januar 2021 arbeite ich in Teilzeit als CSR-Managerin in der Outdoorbranche und weiterhin auf Projektbasis als Freiberuflerin. In meiner Festanstellung bin ich für die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens verantwortlich und darf nachhaltige Innovationen vorantreiben. Wir haben unser eigenes WIR DENKEN UM Label, womit wir verantwortlich handelnde Marken hervorheben und unsere Kund*innen für einen verantwortungsvollen Konsum sensibilisieren möchten. Wir haben einen umfangreichen Bewertungsprozess eingeführt und gut 300 Marken abgefragt. Hierfür war und bin eng im Austausch mit Partnerunternehmen, wie Vaude, Deuter, Schöffel. Auch als Unternehmen stellen wir uns stark auf den Prüfstand, wir haben einen Corporate Carbon Footprint aufgestellt, um Reduktionsmaßnahmen erarbeiten zu können.

Sie sind Mitglied im CSM Alumni e.V., dem Alumniverein des MBA Sustainability Management. Wie wichtig sind Netzwerke für Sie?

Ich bin extrem gerne im interdisziplinären Erfahrungsaustausch, was im Studium mit unterschiedlichen Mit-Studierenden und Lehrenden begann und heute über Plattformen wie LinkedIn, Veranstaltungen und digitalen Lernangeboten stattfindet. Mit der sehr aktiven Regionalgruppe, dem Münchner CSM Stammtisch, bin ich sehr gut vernetzt. Wir treffen uns regelmäßig, digital oder wenn möglich in Präsenz. Daraus sind Freundschaften entstanden. Ich bin sehr froh, durch den Alumni-Verein Gleichgesinnte gefunden und ein Fachnetzwerk gewonnen zu haben und weiterhin auch andere Jahrgänge kennenlernen zu können. Auch sind die zahlreichen Angebote wie MBAlive Meetings und die Home Coming Days sehr inspirativ.

Blicken wir nach vorn: Wie werden Sie am Ende des Jahres 2021/22 die Welt nachhaltiger gemacht haben?

Auf Worte müssen Taten folgen und wenn ich von etwas überzeugt bin, handle ich. Privat wie auch beruflich möchte meinen Fußabdruck sowie auch den meines Arbeitgebers reduzieren. Mein Arbeitsleben findet hauptsächlich im Homeoffice statt. Wenn ich Termine habe oder doch ins Büro fahre, fahre meistens eine Teilstrecke mit dem Auto, habe aber immer mein Rad dabei und radle den Rest.

Auf Worte müssen Taten folgen und wenn ich von etwas überzeugt bin, handle ich.

Privat lebe ich viel bewusster als noch vor ein paar Jahren und versuche mich an den Grundsatz „weniger ist mehr“ zu halten und Besitztümern ein möglichst langes Leben zu schenken. Für mich steht Nachhaltigkeit für Generationengerechtigkeit oder anders ausgedrückt: für Enkeltauglichkeit. Also lautet die Frage: Taugt das, was wir tun, für unsere Enkel oder nicht?

Vielen Dank, wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei!

Das Interview führte Anna Michalski vom Centre for Sustainability Management (CSM), Leuphana Universität Lüneburg.

Foto: ©Lisa Hantke