aus dem CSM, Nachhaltige Neuigkeiten

CSM-Wissenschaftler forschen zu längerer Nutzungsdauer bei Smartphones – Low-Tech als Vorbild

Vor zwei Jahren hat Nachhaltigkeitswissenschaftler Ferdinand Revellio einen Fahrradbus mitentwickelt. Das Gefährt ist solide und übersichtlich gebaut und kann einfach repariert werden. Ein Konzept, das auf andere Produkte übertragbar ist, findet der Doktorand – und hat bei seiner Forschung Smartphones im Blick.

Ferdinand Revellio vor dem Hauptgebäude der Uni mit dem „Fahrradbus“: Foto: Leuphana/Patrizia Jäger

Viel Schnick-Schnack hat der mietbare Fahrradbus nicht zu bieten, mit dem Ferdinand Revellio regelmäßig unterwegs ist – dennoch rollt das Rad leicht und problemlos über die Straßen. Beim Bau des Gefährts hatten der wissenschaftliche Mitarbeiter am Centre for Sustainability Management (CSM) und eine Gruppe von Studierenden auch nicht High-Tech sondern ganz andere Ansprüche vor Augen: Der Fahrradbus sollte aus haltbaren Materialien gebaut werden, die Technik verständlich, reparierbar und damit langlebig sein. „Mit dem Fahrradbus haben wir etwas geschaffen, das dem Low-Tech Prinzip folgt“, erläutert Revellio. „Ein Ansatz, der sich im Sinne der Nachhaltigkeit auf viele Produkte übertragen lässt.“ In seiner Forschung betrachtet der 27-Jährige den Fahrradbus als konkretes Gegenmodell: „Mein Thema ist das Ziel einer Kreislaufwirtschaft im Bereich Smartphones.“

Nach nur zwei Jahren in Nutzung: Smartphone oft Entsorgungsfall

In Europa wird ein Smartphone durchschnittlich etwa zwei Jahre genutzt. Danach verschwindet es meistens in einer Schublade oder – falls defekt – wird entsorgt. „Es stattdessen zu reparieren wird dem Nutzer sehr schwer gemacht“, erklärt der ausgebildete Wirtschaftsingenieur. „Die einzelnen Elemente eines Smartphones sind in der Regel komplex verschachtelt, viele Teile verklebt und Ersatzteile schwer zu beschaffen.“ Im Gegensatz zur Kreislaufwirtschaft spricht die Wissenschaft hier von einem linearen Modell. Dabei seien nachhaltiger Konsum und eine längere Nutzungsdauer durchaus möglich – auch auf professioneller Ebene. „Wenn verschiedene Akteure wie Hersteller und Reparaturdienstleister gemeinsam auf nachhaltigere Produktions- und Verbrauchssysteme abzielen, bewegen wir uns in Richtung Kreislaufmodell.“

Mit diesen Wertschöpfungsnetzwerken beschäftigt sich Ferdinand Revellio im Rahmen des von Professor Erik G. Hansen geleiteten „Innovationsverbundes Nachhaltige Smartphones (INaS)“ am Centre for Sustainabilty Management (CSM) der Leuphana Universität. Zu den Netzwerken gehören beispielsweise Dienstleister, die in enger Zusammenarbeit mit Herstellern und Telekommunikationsanbietern oder völlig unabhängig Reparaturen anbieten und Rücknahmekonzepte entwickeln. Genauso aber Hersteller, die den Kunden selbst ein entsprechendes Angebot mitliefern. „Ich möchte im Rahmen meiner Dissertation untersuchen, wie die einzelnen Akteure arbeiten, welche neuen Kooperationen sich formieren und welche wirtschaftlichen Effekte sich daraus ergeben.“

Kreislaufkonzepte fürs Smartphone: Ebay ist keine Lösung!

Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist im Bereich der Smartphones ein engerer Kontakt zum Nutzer notwendig, erläutert der Lüneburger Nachhaltigkeitswissenschaftler. Einige Hersteller arbeiten schon nach diesem Prinzip. „Das hessische Unternehmen Shiftphones achtet bereits beim Design darauf, dass die Geräte repariert werden können. Es bietet Ersatzteile und Upgrades an und schickt mit der Lieferung sogar gleich Werkzeug mit.“ Damit zielt das Unternehmen auf eine verständliche Technik ab, „ähnlich wie wir mit dem Fahrradbus.“ Zunehmende Bedeutung gewinne auch der Markt der „refurbished products“, also bereits gebrauchte Geräte, die vom Hersteller oder von Dienstleistern instandgesetzt und dann zu günstigeren Preisen verkauft werden. „Eine effizientere Ressourcennutzung erreichen wir nur dann, wenn wir von privaten Ebay- und Tauschaktionen hin zu einer weitgreifenden Professionalisierung im Massenmarkt kommen.“

‚Right to Repair‘ als eine Lösung?

Für die Zukunft wünscht sich Ferdinand Revellio Unterstützung durch die Gesetzgebung. Er fordert ein sogenanntes „right to repair“, welches auch beinhaltet, dass Hersteller den Kunden oder zumindest professionellen Dienstleistern Ersatzteile nicht vorenthalten dürfen. „Das wäre wirklich ein wichtiger Schritt“, sagt er. „Es würde dazu führen, dass die Transaktionskosten für Reparaturen dramatisch sinken, die Nutzungsdauer bei Smartphones verlängert und der Ressourcenverbrauch verringert werden könnten.“

Mit dem Dissertationsthema hat sich Revellio bereits in seiner von Erik. Hansen betreuten Masterarbeit auseinandergesetzt – und dafür internationale Anerkennung erhalten. Für seine eingereichte Ausarbeitung wurde er auf die Shortlist des GAIA Masters Student Paper Award gesetzt, eine Auszeichnung der Fachzeitschrift GAIA-Ecological Perspektives for Science and Society.

Hinweis: Der Text basiert auf einer Meldung der Leuphana Universität zum Thema.