CSM Alumni, MBA Sustainability Management

“Green Skills” – Interview mit Andreas Mayer

„Green Skills“ sind zurzeit in aller Munde. Was genau verbirgt sich eigentlich hinter dieser vermeintlichen Zauberformel? Was unterscheidet „Green Skills“ von „Soft Skills“ und wo kann man sie erwerben?

Die Situation dürfte den meisten vertraut sein: Ein Unternehmen beschließt eine Nachhaltigkeitsstrategie und will dazu Messungen und eine entsprechende Berichterstattung einführen. Etwas ratlos wird in der Personalabteilung nachgefragt, wer sich im Unternehmen damit auskennen könnte. Wer hat die Qualifikationen, um die Maßnahmen umzusetzen und wer kann die Kolleginnen und Kollegen zur Mitarbeit motivieren? Wenn die Antwort vor allem aus ratlosem Schweigen besteht, sind Sie in bester Gesellschaft. Manchmal jedoch erinnert man sich: Da gibt es doch jemanden in einer der Abteilungen, eine wie-hieß-sie-noch-gleich, die diesen MBA-Studiengang Sustainability Management studiert.

Ein Blick in die Stellenanzeigen zeigt, dass sie immer öfter gesucht werden – die Expert/innen des Nachhaltigkeitsmanagements, die mit kühlem Sachverstand und hoher Nachhaltigkeitsexpertise beherzt zur Sache gehen.

Hier erfahren Sie, was Change Agents for Sustainability dazu motiviert, sich gestaltend in die Wirtschaft einzubringen, welche Hindernisse sie zu bewältigen haben, welche Fähigkeiten sie für besonders wichtig halten und nicht zuletzt, warum sie sich für diesen Weg entschieden haben. In dieser Reihe präsentieren wir Ihnen Persönlichkeiten, die es geschafft haben: Reflektierte Entscheider/innen, tatkräftige Macher/innen und hartnäckige Optimisten/innen – eben Change Agents for Corporate Sustainability!

Steckbrief: Andreas Mayer

  • Geboren 1980, verheiratet, eine kleine Tochter.
  • 2001-2005: Studium des Maschinenbaus an der Hochschule Ravensburg-Weingarten, anschließender Start der Berufslaufbahn in der Entwicklung des Maschinen- und Anlagenbauers Voith.
  • 2008-2010 berufsbegleitender MBA Studiengang Sustainability Management an der Leuphana Universität Lüneburg.
  • 2009 Aufbau und Weiterentwicklung von Energie- und Ressourceneffizienz-Analysen an weltweiten Produktionsstandorten bei Voith.
  • Seit 2012 Leitung der Nachhaltigkeitsabteilung bei der Alfred Kärcher GmbH & Co. KG mit zwei Mitarbeitern.

Das Interview:

Herr Mayer, was hat Sie nach Abschluss des Maschinenbaustudiums und mehrjähriger Tätigkeit bei der Voith GmbH in einer erfolgreichen Position bewogen, erneut zu studieren und warum den MBA Sustainability Management?

Ich wollte bereits nach meinem Maschinenbaustudium ein betriebswirtschaftliches Studium anschließen, um meinen Horizont zu erweitern. Die Aussicht finanziell auf eigenen Füßen zu stehen hat mich jedoch bewogen, die Pläne erst einmal zurückzustellen.

Die Ausrichtung des MBA Studienganges auf Nachhaltigkeit war für mich ausschlaggebend. Ich war und bin immer noch zutiefst überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit sich dauerhaft in Unternehmen etablieren wird. Es reicht heute nicht mehr aus wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die Frage, wie Unternehmen ihr Geld verdienen, wird bei Kunden und in der Gesellschaft immer wichtiger und damit zu einem wirtschaftlichen Erfolgsfaktor.

Hat Sie das Studium vor besondere Herausforderungen gestellt? Wie konnten Sie diese meistern?

Ja, die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Studium hatte ich zu Anfangs ehrlich unterschätzt. Die zeitliche Belastung war doch enorm und ich habe viele Abende vor meinen Skripten und Hausarbeiten verbracht. In dieser Zeit hat mir insbesondere der starke Rückhalt meiner Frau geholfen.

War Ihr jetziger Arbeitgeber Kärcher von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausgerichtet? Unterscheiden sich die Ziele und Strategien in dieser Hinsicht von denjenigen anderer Unternehmen?

Diese Frage ist bei einem Unternehmen mit über 75 jährigem Geschichte nicht in einem Satz zu beantworten. Richtig ist, dass sich bereits der Unternehmensgründer gesellschaftlich und für das Wohl seiner Mitarbeiter engagiert hat. Damals nannte man das nicht Nachhaltigkeit, sondern es war eine Einstellung die dem „ehrbaren Kaufmann“ inne ist.

Die Ziele und Strategien von Kärcher sind sicher nicht grundverschieden zu denen anderer Unternehmen, da wir bspw. mit denselben Megatrends konfrontiert sind. Besonders sind jedoch zwei Dinge: zum einen das sehr stark ausgeprägte soziale Engagement des Unternehmens, sowohl extern als auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern. Zum anderen ist Kärcher ein Familienunternehmen mit einem sehr langfristigen Planungshorizont und damit nicht kurzfristigen Gewinnoptimierungen unterworfen.

Was hilft Ihnen heute dabei, diese Strategien erfolgreich umzusetzen und die gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen?

Drei Dinge: vor allem der starke Rückhalt durch die Geschäftsführung zur Nachhaltigkeit. Ohne diesen haben Sie in keinem Unternehmen die Chance nachhaltig erfolgreich zu sein. Weiterhin ist ein hervorragend arbeitendes Team und ein sehr gutes Arbeitsklima besonders wichtig, aber auch die Unterstützung durch Mitarbeiter aus den verschiedensten Bereichen und Abteilungen weltweit darf nicht unterschätzt werden.

Zurzeit sind sie unter anderem gemeinsam mit dem Global Nature Fund in Kolumbien engagiert. Können Sie uns auch etwas zu diesem Projekt berichten? Sind weitere derartige Projekte geplant?

Wir haben 2012 eine Kooperation mit dem Global Nature Fund geschlossen, mit dem Ziel in Schwellen- und Entwicklungsländern Pflanzenkläranlagen zur Reinigung kommunaler Abwässer zu bauen. Das erste Projekt in San Miguel de Sema in Kolumbien wird bereits Ende 2013 in Betrieb genommen. Wir planen bereits den Bau weiterer Projekte und wollen die Kooperation auch mit Corporate Volunteering Projekten unterstützen.

Was ist aus Ihrer persönlichen Erfahrung heraus die größte Barrikade gegenüber der Umsetzung von Nachhaltigkeit in Unternehmen?

Die größte Barrikade für Nachhaltigkeit in einem Unternehmen  ist es, den mittel- und langfristigen Nutzen zu sehen. Natürlich gibt es Vorteile, die einfach ersichtlich sind, wie bspw. reduzierte Energiekosten durch Energieeffizienzprojekte oder reduzierte Kosten durch weniger Fehltage wegen verbesserter Arbeitssicherheitsstandards. Darüber hinaus gibt es aber auch weitere, nicht direkt ersichtliche Auswirkungen, die den eigentlichen Mehrwert von Nachhaltigkeit ausmachen. Dazu gehört die Gewinnung von Fachkräften durch eine verbesserte Arbeitgeberattraktivität oder die Steigerung des Markenwertes durch ein nachhaltiges Unternehmensimage. Beides sind Faktoren, die sich auch langfristig finanziell auszahlen.

Welche Wünsche haben Sie persönlich für die Zukunft im Hinblick auf Nachhaltigkeit?

Ich wünsche mir, dass Nachhaltigkeit kein Modethema wird, sondern sich dauerhaft in Unternehmen etabliert. Hierfür ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit nicht als reines PR-Thema verstanden wird, sondern eine Einstellung der Unternehmensführung zum Ausdruck bringt und die Werte des Unternehmens verdeutlicht. Erst dadurch wird es ihnen möglich sein, langfristige Strategien zu verfolgen  und eine nachhaltige Unternehmensentwicklung im Zuge eines Change Management Prozesses zu erreichen.

Dazu passt der Titel unserer Reihe „Green Skills“: Die Gestalter der Wirtschaft von Morgen…“. Welche Green Skills sind erforderlich, um Ihre Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen?

Um Nachhaltigkeit dauerhaft in Unternehmen etablieren zu können, brauchen Sie vor allem einen langen Atem. Es ist viel Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen des Unternehmens zu leisten. Sie müssen es schaffen, den jeweiligen Nutzen der Strategie und der daraus abgeleiteten Ziele sowohl der Geschäftsführung als auch den einzelnen Mitarbeitern zu verdeutlichen. Als Nachhaltigkeitsmanager sind sie ein Mediator im Unternehmen mit sehr vielen Berührungspunkten von der Geschäftsführung bis zu den Mitarbeitern in der Fertigung. Man kommt mit nahezu allen Abteilungen des Unternehmens sowie den Kunden, als auch mit den Lieferanten in Berührung.

Und als Abschlussfrage: Sehen Sie sich eher als reflektierten Entscheider, als tatkräftigen Macher oder als hartnäckigen Optimisten? Können Sie uns ein Beispiel hierfür nennen?

Ich würde mich als reflektierten Optimisten beschreiben. Ich sehe mich als eine Mischung aus  reflektiertem Entscheider, hier lässt sich mein ingenieurwissenschaftlicher Hintergrund nicht verleugnen, und ein Stück weit auch aus einem hartnäckigen Optimisten. Nehmen Sie bspw. die Abstimmung von Nachhaltigkeitszielen in einem Unternehmen: Sie müssen, um hier überzeugen zu können, schon sehr genau überlegen, was dieses Ziel für das Unternehmen und die einzelnen Bereiche bedeuten, sonst wird sie diese Fragestellung spätestens bei der Operationalisierung bzw. der Zielerreichung wieder einholen. Wenn es Ihnen hier jedoch an Hartnäckigkeit fehlt, werden sie alsbald die Flinte ins Korn werfen und auch hier ist wieder ein langer Atem gefragt.


Interview: Katrin Heeren

Wer sich weiter zu diesem Themengebiet mit uns und anderen Interessierten austauschen möchte, ist herzlich in unsere Xing-Gruppe „MBA Sustainability Management, Leuphana Universität Lüneburg“ eingeladen!

Archiv: 2. Teil der Interview-Reihe