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Vermieten, beraten, zurücknehmen: In Produkt-Service Systemen steckt Potential für Nachhaltigkeitsinnovationen

Nachhaltigkeitsorientierte Unternehmen sollten für Innovationen nicht nur Produkte, sondern auch den Produktservice bzw. die produktbegleitenden Dienstleistungen anvisieren. „Innovationsvorhaben, die sich auf Produkte konzentrieren, sind sehr limitiert“, sagte Dr. Erik G. Hansen von der Leuphana Universität Lüneburg beim siebten Workshop des Innovationsverbunds Nachhaltiger Mittelstand „Dienstleistungen für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung“ an der Leuphana Universität Lüneburg.

Bei nachhaltig gestalteten Produkten komme es darüber hinaus teilweise zu einem so genannten „Rebound Effekt“, das heißt das Einsparpotenzial des Produkts wird nicht oder nur teilweise erzielt. Als Beispiel nannte Hansen sparsamere Autos, deren Effizienz nicht zum Tragen kommt, weil die Nutzer häufiger fahren als mit einem weniger sparsamen Auto. „Es ist sinnvoll, stärker die Nutzungsphase des Produktes zu betrachten und zu optimieren. Hier sollte man sich fragen, was der Kunde eigentlich möchte und welche Bedürfnisse er hat“, meinte Hansen. Immer mehr Menschen wollten beispielsweise kein Auto mehr besitzen, sondern nur gelegentlich eines nutzen. Die Industrie hat dies erkannt und reagiert darauf mit Carsharing-Modellen.

Vorteile von nutzungsorientierten Dienstleistungen sind laut Hansen der verlängerte Kontakt und die stärkere Bindung des Kunden. Das Leasing oder die Vermietung von Produkten, wie etwa von Elektroautos oder Kopiergeräten, ermöglicht außerdem ein ständiges Feedback der Kunden bzw. die Produktqualität kann bei Wartungsarbeiten überprüft und weiter verbessert werden. „Durch Recycling und Reparaturen können Stoffströme und Energieströme verbessert werden“, so Hansen. Produkte könnten im Sinne der Nachhaltigkeit langlebiger gestaltet, die Nutzungsdauer durch einen Wartungsvertrag verlängert werden.

Als Beispiele für Produkt-Service Systeme nannte Hansen das Leasing von modularen Teppichböden/Teppichfliesen an Unternehmen. Der amerikanische Hersteller interface  nimmt Verschleißteile zurück und recycelt diese. Ein anderes Beispiel sei das E-Schwalbe-Motorrad, das mit einem Ökostrom-Vertrag zusammen verkauft werde. Als radikalste, ergebnisorientierte Form der Produkt-Service Systeme nannte Hansen das Performance Contracting wie beispielsweise das Energie Contracting, bei dem ein Dienstleister ein Unternehmen hinsichtlich seines Energieeinsparpotentials berät und die Umsetzung begleitet. In der anschließenden Diskussion der Unternehmer stellte sich heraus, dass nutzungs- und nachhaltigkeitsorientierte Dienstleistungen eines deutlichen Umdenkens der Kunden sowie eines guten Timings bedürfen.

Sven Meyer, Geschäftsführer der Electric Paper Evaluationssystem GmbH in Lüneburg, stellte anschließend den erfolgreichen Aufbau einer Dienstleistungskultur für die von dem Unternehmen entwickelte Befragungssoftware EvaSys vor. Das Unternehmen setze, so Meyer, auf einen Support, „der die Erwartungen der Kunden übertreffen soll“. Auch in diesem Vortrag wurde deutlich, dass das Design von Dienstleistungen wesentlich durch das Nutzungsverhalten des Kunden geprägt sein sollte.

Die Bedürfnisse und das Nutzungsverhalten von Kunden wurden in der sich anschließenden Arbeitsphase in den Mittelpunkt gestellt. Mit Unterstützung des Design Thinking Experten Fried Große-Dunker von der Dark Horse GmbH arbeiteten die Unternehmensvertreter in der Arbeitsphase in einem kreativen Zirkeltraining aus, wie bestehende Produkte oder Dienstleistungen in den Unternehmen durch begleitende Dienstleistungen ergänzt werden könnten. Die Unternehmer erlernten neue Kreativitätstechniken und resümierten, dass der Workshop inspirierend gewesen sei und sie zum Teil mit konkreten Ideen in den Unternehmensalltag zurückkehren könnten.

Der Innovationsverbund „Nachhaltiger Mittelstand“ bearbeitet in seinem Workshop im April 2013 das Thema „Gemeinwohlökonomie“. Ziel des Verbundes im Innovations-Inkubator Lüneburg ist es, das innovative Potenzial regionaler Mittelständler aus Handwerk, Handel und Industrie mit dem Wissen von Fachleuten aus der Praxis und aus der Forschung zu unterstützen.

Interessierte finden weitere Informationen zum Verbund „Nachhaltiger Mittelstand“ unter www.leuphana.de/inami