Forschung und Projekte am CSM

CSM-Forschung: Nachhaltige Transformation in der Textilindustrie

verschiedene bunte Kleidungsstücke hängen auf Kleiderbügeln an einer Holzstange vor einer weißen Wand

In der Reihe „3-Minuten-Nachhaltigkeitsmanagement” geben wir Einblick in aktuelle Themen und Projekte des Centre for Sustainability Management (CSM). Zukunftsfragen und Antworten aus der Forschung, kurz und verständlich erklärt. Heute: Systemveränderung durch Nachhaltigkeitstransformationen in der Textilindustrie.

Leventon, J., Buhr, M., Keßler, L., Rodriguez Aboytes, J. G., & Beyers, F. (2023). Processes of sustainability transformation across systems scales: leveraging systemic change in the textile sector.

Wie können kleine, fallbezogene Interventionen in der Textilindustrie genutzt werden, um das gesamte System der Textilbranche nachhaltiger zu gestalten? Dieser Frage widmet sich Maike Buhr vom CSM zusammen mit Julia Leventon von der Czech Academy of Sciences, Lisa Keßler und Jorge Gustavo Rodriguez Aboytes, ebenfalls von der Leuphana Universität Lüneburg, sowie Felix Beyers vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit am Helmholtz-Zentrum Potsdam in ihrem Artikel.

Nachhaltigkeitslösungen in der Textilindustrie

Die Veröffentlichung schließt eine Lücke in der Nachhaltigkeitsforschung, indem sie das transformative Potenzial einzelner Maßnahmen im Textilsektor im breiteren Kontext verbundener Systeme untersucht. Unter Verwendung der Perspektive des Systemdenkens untersuchen die Autor*innen vier Interventionen. Sie verfolgen das Ziel, grundlegende Veränderungen innerhalb der Produktions- und Konsumsysteme der Textilindustrie in Richtung Nachhaltigkeit zu erreichen: Dazu gehören das Bündnis für nachhaltige Textilien in Deutschland, individuelle Change Agents für unternehmerische Nachhaltigkeit in Textilunternehmen mit Hauptsitz in Deutschland, Gründer*innen nachhaltiger Modeunternehmen in Mexiko und nachhaltige Chemie. Dabei analysieren sie, wie die vier Interventionen Hebelpunkte für die nachhaltige Entwicklung des Textilsektors in verschiedenen Systemen adressieren. Außerdem untersuchen die Autor*innen, was die Interventionen daran hindert, ihr Transformationspotenzial zu erfüllen, und welche Systeme adressiert werden müssen, um die Hindernisse abzubauen.

Der Textilsektor, der durch umwelt- und sozialschädliche Praktiken gekennzeichnet ist, bietet sich als ideale Branche an, um Nachhaltigkeitstransformationen zu untersuchen. Im Bereich der nachhaltigen Chemie sind zum Beispiel umfassende Veränderungen und Innovationen nötig, um die Umweltbelastung und Gesundheitsschädlichkeit zu verringern, die durch die Verwendung umweltschädlicher Chemikalien und deren unregulierte Entsorgung verursacht wird. Dabei betont der Artikel die Notwendigkeit, Paradigmen, Designs, Verfahren und Materialien von Systemen zu verändern und hebt die Verflechtung von Maßnahmen und ihre Einbettung in größere wirtschaftliche und politische Systeme hervor. So trägt das Paper dazu bei, zu verstehen, wie nachhaltige Interventionen mit umfassenderen Systemen interagieren.

Die Autor*innen betonen, dass effektive Veränderungen im Bereich der Nachhaltigkeit nicht nur die größeren Systeme berücksichtigen müssen, die sie beeinflussen, wie das ökonomische oder das regulatorische System. Vielmehr sollten auch die Verhaltensweisen von Unternehmen und Einzelpersonen beachtet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Maßnahmen zwar auf wichtige Hebelpunkte ausgerichtet sind, jedoch auf Hindernisse stoßen, die sich aus den wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben.

Bedeutung in Praxis und Wissenschaft

„By thinking in connected systems, and targeting deep leverage points across all connected systems, we can create much greater opportunities for our interventions to deliver transformations.“

Leventon et al. (2024)

Der Artikel unterstreicht, wie wichtig es ist, sich mit (wirtschaftlichen) Paradigmen auseinanderzusetzen, um einen sinnvollen Wandel hin zu einer nachhaltigeren Textilindustrie zu erreichen. So wird eine umfassende Nachhaltigkeitstransformation oftmals durch ein konsumorientiertes Paradigma und durch fehlende Anreize und Regulationen für nachhaltigere Textilien behindert. Einerseits können die beschriebenen Nachhaltigkeitsinterventionen nur innerhalb der systemischen, politischen und wirtschaftlichen Grenzen wirksam sein. Anderseits besteht jedoch auch das Potential, dass die Interventionen zu Kipppunkten führen und so auf weitere Schichten des Systems übergreifen. Die Studie liefert somit Erkenntnisse sowohl für die Forschung als auch für praktische Anwendungen im Bereich der Nachhaltigkeitstransformation.

Für die zukünftige Nachhaltigkeitsforschung wäre es interessant zu untersuchen, welche Pfade der Veränderung, insbesondere bei der Skalierung der Interventionen durch die Systemebenen, erfolgsversprechend sind.

Weiterlesen:

Open-Access-Artikel “Processes of sustainability transformation across systems scales: leveraging systemic change in the textile sector“ in Sustainability Science (https://link.springer.com/article/10.1007/s11625-023-01436-8 ).